Internationaler MS Tag 2025: «Das Lachen nicht vergessen» - Interview mit Ivan Pertot
Unsichtbares sichtbar machen: das Ziel vom Welt-MS-Tag. Die unheilbare «Krankheit mit den tausend Gesichtern» und ihren sichtbaren sowie unsichtbaren Einschränkungen und Behinderungen verändert das Leben der betroffenen Personen und lässt nichts stehen, wie es vorher war. Ivan Pertot ist eine dieser Personen. Seine Geschichte ist eine von rund 18'000 in der Schweiz.
Herr Pertot, was waren die ersten Anzeichen von Multipler Sklerose (MS) in ihrem Leben?
Ivan Pertot: Mit einem leichten Hinken fing es an, im linken Bein. Dies aber erst nach 8 Stunden Arbeit, wenn mein Körper vor Anstrengung müde wurde. Meine Mutter hatte damals bereits MS, und dadurch hatte ich bereits den Verdacht, dass es das sein könnte. Aus Angst vor der Bestätigung des Verdachts ging ich für lange Zeit nicht zum Arzt. Eine erste Einschätzung habe ich dann von meiner Neurologin in Aarau erhalten, und diese hat mich dann für die Einholung einer Zweitmeinung ans Universitätsspital Basel weitergeleitet. Dort habe ich 2005 die definitive Diagnose erhalten.
Welche Emotionen haben Sie nach der Diagnose begleitet?
«Was soll ich tun?» war eine meiner ersten Fragen. Ich hatte Hoffnungen, dass es wirksame Medikamente geben würde. Zu dieser Zeit war ich noch Single, und mir ging einiges durch den Kopf. Ich habe sogar an einer Studie zur Wirkungseinschätzung eines Medikamentes teilgenommen, jedoch hat sich das getestete Medikament als wirkungslos herausgestellt.
Wie ist Ihre Frau mit der Situation umgegangen?
Meine Frau Chutikan habe ich zum Zeitpunkt der Diagnose noch nicht gekannt. Wir haben uns 2006 während einem Ferienaufenthalt in Thailand kennengelernt. Was zuerst «nichts Ernstes» war, hat sich in ein Märchen verwandelt: 1 Jahr nach unserem Kennenlernen ist sie für drei Monate in die Schweiz gekommen und nochmals ein Jahr später haben wir geheiratet. Seither leben wir zusammen und sie pflegt mich. Zugegebenermassen war die Akzeptanz von Pflege durch jemand Anderen für mich anfangs etwas schwierig. Die Abgabe von Selbstständigkeit war für mich ein Prozess, nicht eine Entscheidung von heute auf morgen.
Wie sind Sie mit Carela in Kontakt gekommen?
Die damalige private Spitexorganisation, bei der meine Frau angestellt war, hat von ihr das Absolvieren des Pflegehelferkurses verlangt. Dies wurde eine unüberwindbare Hürde, da für Chutikan die deutsche Sprache schwierig ist, und so haben wir uns zu einem Wechsel entschieden. So sind wir auf Carela gestossen, da dort auf unsere Situation Rücksicht genommen und kein Pflegehelferkurs für den Erhalt einer Entlöhnung verlangt wurde. Seither ist meine Frau bei Carela als pflegende Angehörige angestellt.
Welche Ratschläge haben Sie für andere von MS betroffene Personen?
Ich habe hauptsächlich einen Ratschlag: Nur nicht den Kopf in den Sand stecken. Weitermachen und den Mut nicht verlieren! Ich habe von einigen anderen MS-Betroffenen gehört, wie sie an der Situation verzweifeln und in Selbstmitleid versinken. Ich möchte euch unbedingt raten, das Positive im Auge zu behalten. In meinem Fall beispielsweise ist es so, dass ich das Privileg besitze, 3 Monate im Jahr nach Thailand fahren zu können. Auch sind die Physiotherapie-Übungen, die ich dreimal wöchentlich mache, eine grosse Hilfe. Klar kann ich nicht arbeiten und bin in meiner Mobilität eingeschränkt, aber lachen kann ich trotzdem.
Vielen Dank für das Interview und Ihre Zeit!
Die Geschichte von Ivan Pertot zeigt, dass eine Mulitple Sklerose-Diagnose das Leben verändert und die Betroffenen sowie Ihre Angehörigen sich daran gewöhnen müssen. Zum Welt-MS-Tag möchten wir MS-Betroffene und deren Angehörige dazu ermuntern, Hilfe anzunehmen. Auch wenn es ein Prozess ist. Carela unterstützt die pflegenden Angehörigen und ihre Liebsten auf diesem Weg fachlich, finanziell und emotional.
Bild: Raphaël Dupain