Tipps für pflegende Angehörige bei Parkinson: Turnen, Ernährung und mehr

Parkinson ist eine unheilbare, aber behandelbare neurodegenerative Erkrankung, bei der im Gehirn zunehmend dopaminproduzierende Nervenzellen verloren gehen. Die ersten Anzeichen, wie das bekannte Zittern, ein veränderter Gang oder das Nachlassen der Feinmotorik, werden oft nicht richtig gedeutet. Begleitend treten Schmerzen, insbesondere durch Muskelsteifigkeit und Verspannungen, auf. Mit Übungen wie Physiotherapie, Gleichgewichts- und Feinmotoriktraining können Mobilität und Selbstständigkeit trotz körperlicher Beeinträchtigungen lange erhalten bleiben. Jedoch ist Pflege durch Angehörige für die Hilfe im Alltag oft zentral, wenn die Betroffenen in den eigenen vier Wänden bleiben möchten. Die Spitexorganisation Carela unterstützt pflegende Angehörige wiederum fachlich, finanziell und emotional. Liridon Prushi, diplomierter Pflegefachmann HF bei Carela, erklärt uns im Interview, warum Angehörige von Personen mit Parkinson Unterstützung brauchen und auf was sie im Alltag mit ihren Liebsten achten müssen.

Herr Prushi, wie charakterisieren sich Menschen mit Parkinson?

Die Parkinson-Krankheit verläuft schleichend. Oft beginnt sie mit unspezifischen ersten Anzeichen: Muskelsteifigkeit oder langsamere Bewegungen können darauf hindeuten. Viele meiner Klient*innen berichteten zudem über eine ausgeprägte Müdigkeit, lange bevor die Diagnose gestellt wurde. Charakteristisch sind ein starkes Zittern, eine veränderte Körperhaltung und der sogenannte «Maskengesichtsausdruck». Letzteres beschreibt das Phänomen, dass das Gesicht der Betroffenen oft starr und ausdruckslos wirkt, fast wie eine Maske. Bewegungen wie Lächeln, Stirnrunzeln oder Blinzeln sind eingeschränkt oder bleiben ganz aus. Gerade das reduzierte Blinzeln verstärkt diesen starren Eindruck noch. Für Aussenstehende wirkt es manchmal, als ob die Person gefühllos oder nicht interessiert sei – dabei fühlen die Betroffenen sehr wohl mit, können es nur mimisch nicht mehr zeigen. Ich habe gelernt, hier besonders achtsam zu sein und mich mehr auf Sprache, Gestik oder Berührung zu konzentrieren, um emotionale Reaktionen wahrzunehmen. Auch die veränderte Körperhaltung ist ein typisches Merkmal, das mir oft begegnet. Viele Betroffene zeigen eine gebeugte Haltung, der Kopf und Oberkörper sind leicht nach vorne geneigt. Die Bewegungen sind meist verlangsamt, steif und wirken unsicher. Diese Beobachtungen gehören für mich zu den wichtigsten Hinweisen, um im Umgang mit Betroffenen noch sensibler und verständnisvoller zu agieren.

Welche Grundpflegeleistungen übernehmen pflegende Angehörige von Personen mit Parkinson?

Pflegende Angehörige leisten enorm viel – oft ohne es als «Pflege» zu bezeichnen. Meistens unterstützen sie am Anfang nur punktuell und ganz natürlich da, wo gewisse Dinge nicht mehr möglich sind. Beispielsweise, weil die Feinmotorik aufgrund des Zitterns eingeschränkt ist. Mit dem Krankheitsverlauf nimmt der Unterstützungsbedarf zu: Dann unterstützen pflegende Angehörige bei allem, was selbständig nicht mehr möglich ist: Beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, beim Toilettengang, bei der Nahrungsaufnahme und so weiter. Besonders bei Menschen mit ausgeprägter Bewegungsarmut oder in Phasen starker Müdigkeit braucht es viel Geduld. Hilfreich sind dabei kleine Tricks: Reichen Sie der gepflegten Person die Kleidung immer in einer bestimmten Reihenfolge. Oder gestalten Sie das Aufstehen in langsamen Etappen. Auch das Zubereiten von angepassten Mahlzeiten gehört zum Alltag, denn die Ernährung spielt eine wichtige Rolle: regelmässige, ausgewogene Kost mit genügend Flüssigkeit hilft, die Medikamentenwirkung zu stabilisieren und Verstopfung vorzubeugen.

Was muss bei der Grundpflege von Personen mit Parkinson besonders beachtet werden?

Ein wichtiger Punkt ist das Tempo. Menschen mit Parkinson brauchen mehr Zeit. Ob beim Waschen, beim Essen oder beim Aufstehen: Hetze führt zu Stress und somit erhöhter Sturzgefahr. Diese ist sowieso schon erhöht. Daher gilt: Hilfsmittel wie rutschfeste Matten, Haltegriffe oder Duschstühle sollten frühzeitig eingesetzt werden, um Selbstständigkeit zu ermöglichen und Unfälle zu vermeiden. Viele Angehörige denken, sie müssten alles übernehmen, dabei ist es oft besser, nur zu unterstützen, wo es wirklich nötig ist.

grafische Darstellung von Ernährungstipps für Personen mit Parkinson.

Welche Pflegeinterventionen gibt es zur Förderung der Selbständigkeit von Personen mit Parkinson?

Bewegung ist das A und O. Ich empfehle Angehörigen, kleine Einheiten in den Alltag einzubauen: Je nach Fortschritt der Parkinson-Krankheit bieten sich Gehtraining in der Wohnung oder im Garten an oder Übungen im Liegen zur Muskelkräftigung am Morgen. Vielleicht ist auch gemeinsames Turnen mit dem Theraband zur Musik noch möglich und kann helfen, das Gleichgewicht und die Koordination zu verbessern. Eine aus meiner Sicht ebenfalls wichtige alltägliche Intervention ist das Aktivieren des Gehirns und der Hand. Dies fördert die Feinmotorik, Konzentration und Koordination bei Parkinson-Klient*innen. Mit einfachen Übungen wie Kneten, Fingerbewegungen, Sortieren kleiner Gegenstände oder Arbeiten mit der schwächeren Hand wird die Beweglichkeit der Hände gestärkt und die Verbindung zwischen Körper und Gehirn aktiviert. Die Übungen können im Sitzen durchgeführt werden und helfen, alltägliche Bewegungsabläufe sicherer und bewusster auszuführen. Es eignet sich besonders gut zur Aktivierung am Nachmittag oder vor feinmotorischen Tätigkeiten wie Essen oder Schreiben.

Neben körperlicher Aktivität ist auch die geistige Selbstständigkeit wichtig: gemeinsam die Medikamentenbox richten, an Gesprächen teilnehmen sowie kleine Aufgaben im Haushalt übernehmen, die noch möglich sind.

Welche 3 Tipps gibst du Angehörigen von Personen mit Parkinson?

Erstens: Hol dir Unterstützung. Es gibt wertvolle Angebote wie Selbsthilfegruppen, in denen Erfahrungen ausgetauscht werden und man sich emotional auffangen kann. Diese findest du bei der Organisation Parkinson Schweiz. Finanzielle, fachliche und emotionale Unterstützung für dich findest du bei uns, Carela.

Zweitens: Fördere die Selbstständigkeit durch Hilfsmittel. Wenn die Feinmotorik eingeschränkt ist, hilft beispielsweise sogenanntes «Parkinson-Besteck»: Es gleicht Zittern durch kleine Gegenbewegungen aus. Zudem sind die Griffe breiter, schwerer und gummiert. Wir beraten dich gerne.

Drittens: Geduld zeigen und kleine Fortschritte wertschätzen. Im Umgang mit Menschen mit Parkinson habe ich gelernt, wie wichtig Geduld ist, auch wenn es manchmal schwerfällt. Viel wichtiger ist es, ruhig zu bleiben, Zeit zu lassen und gemeinsam in einem angepassten Tempo voranzugehen. Dabei sollten wir auch die kleinen Erfolge bewusst wahrnehmen; ein selbst geschaffter Schritt, ein Knopf, der zugeknöpft wurde, oder ein ruhiger Tag sind wertvolle Fortschritte. Diese Momente zu loben und anzuerkennen stärkt das Selbstvertrauen der Betroffenen und gibt ihnen Motivation und Würde zurück, so zeigt man ihnen: Du kannst das und du wirst gesehen.

Vielen Dank für die Ausführungen und Einblicke in die Pflege von Personen mit Parkinson.

Zusammengefasst: Die Grundpflege von Menschen mit Parkinson stellt pflegende Angehörige vor grosse Herausforderungen – körperlich wie emotional. Mit Geduld, Struktur und gezielten Übungen wie Turnen, Gehtraining, Übungen im Stehen oder Liegen sowie der Verwendung geeigneter Hilfsmittel wie spezialisiertem Besteck kann jedoch viel zur Förderung der Selbstständigkeit beigetragen werden. Unterstützung durch Selbsthilfegruppen und professionelle Begleitung – zum Beispiel durch Carela – entlasten Angehörige und verbessern auch die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig.

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