Carela in den Medien: Neue Spitex-Modelle sehen sich als Ergänzung zu bestehenden Angeboten
Autor: Roland Spalinger, Andelfinger Zeitung vom 30. Juli 2024
Neue Pflegeunternehmen wie Carela oder Zam-care unterstützen pflegende Angehörige. Sie zahlen diesen einen Lohn und entlasten damit das Gesundheitssystem.
Das Schweizer Gesundheitssystem ist im internationalen Vergleich von hoher Qualität – und gehört zu den teuersten. Und trotzdem werden jährlich rund 80 Millionen Stunden unentgeltliche Pflege geleistet. Allein dies hat einen Wert von 4,5 Milliarden Franken. Eine Pflege, die Angehörige oft an den Rand der Selbstaufgabe bringt.
Zudem altert unsere Gesellschaft rasant: Einer Schätzung zufolge verdoppelt sich die Nachfrage nach ambulanter Pflege bis 2030. Mit dem Wunsch, zu Hause alt zu werden, wird die Betreuung und Pflege durch Angehörige also zunehmen; in den meisten Fällen sind Familienmitglieder, Partnerinnen, Freunde oder Nachbarinnen medizinische Laien.
Zwei fast gleiche Wege
Unternehmen wie Zam-care und Carela springen laut Mitteilung in die Bresche und unterstützen pflegende Angehörige. Einerseits, indem sie sie anstellen, ihnen für Leistungen der Grundpflege einen Stundenlohn bezahlen und sie versichern. Andererseits, indem Pflege-Profis sie beraten, anleiten und unterstützen, beispielsweise bei administrativen Angelegenheiten mit den Krankenkassen.
Beide Organisationen betonen, keine Konkurrenz zu einer örtlichen Spitex zu sein, sondern eine Ergänzung mit Sparpotenzial zu bieten. Für Carela-Verwaltungsratspräsident Reto Schegg ist klar: «Pflegende Angehörige werden in Zukunft eine Schlüsselfunktion in der häuslichen Pflege einnehmen. Wir möchten sie darin unterstützen und ihr riesiges Engagement wertschätzen.» Mit Unterstützung könne die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Pflege sichergestellt und verhindert werden, dass die pflegende Person überfordert werde.
«Zam steht für zusammen. Wenn wir zusammenarbeiten, braucht es wenig, um die Pflegesituationen zu Hause sicherer, besser und fairer zu machen», sagt Geschäftsleiterin Barbara Langsdorf. Zam-care verfügt seit Januar 2024 über eine Spitexbewilligung im Kanton Zürich. Carela hat am 1. September 2023 als Organisation für die Angehörigenpflege in verschiedenen Kantonen den Betrieb aufgenommen.
Einseitige Kritik
Kürzlich setzte sich die Rundschau des Schweizer Fernsehens mit Unternehmen im Spitex-Bereich auseinander und warf diesen faktisch vor, den Staat und die Krankenkassen abzuzocken. Bei aller Kritik an einigen neuen Spitex-Unternehmen, die sich auf dem Markt etablieren, ging es nur um Kosten und mögliche Margen.
Die positiven Aspekte der neuen Form der bezahlten häuslichen Pflege wurden kaum thematisiert. Die Pflege durch Angehörige und die Möglichkeit für sehr viele Menschen, zu Hause bleiben zu können und nicht in ein viel teureres Heim oder Krankenhaus zu müssen, blieben aussen vor.
Firmen wie Carela, Solicare, Pflegewegweiser oder Zam-care vermitteln stundenweise Personen, die Angehörige oder nahestehende Personen pflegen. Der Stundenlohn beträgt rund 35 Franken und beinhaltet auch die Sozialversicherungen. Dieser Lohn ist nicht willkürlich gewählt, sondern dem Assistenzbeitrag der IV gleichgesetzt. Es sei zentral, dass die Angehörigenpflege nicht mit der IV konkurrenziere, teilt Carela mit. Eine Abmeldung hätte nämlich verheerende Folgen für Klientinnen und Klienten. Die Gesamtkosten für die Krankenkassen belaufen sich auf rund 75 Franken pro Stunde. Verglichen mit Ansätzen in Heimen oder Spitälern bleibe ein erhebliches Sparpotenzial.
Krankenkassen machen mit
Krankenkassen haben die Vorteile erkannt: Angebote wie Zam-care und Carela sind Ergänzungen zu den bestehenden Akteuren im Gesundheitswesen. Und diese Lösung wird sich kostendämpfend auswirken, weil eine Pflegebedürftigkeit hinausgezögert oder sogar vermieden werden kann.
Pro Tag können in der Regel ein bis zwei Stunden als Arbeitszeit geltend gemacht werden, geregelt nach Tarifkatalog: Für Duschen mit Föhnen und Ankleiden werden beispielsweise 40 Minuten abgerechnet. Reich werde damit niemand, so Reto Schegg. «Aber es ist eine wichtige Anerkennung für die geleistete Pflege und gibt bei engen finanziellen Verhältnissen gegebenenfalls die nötigen Mittel für Entlastungsangebote.» Viele Erwerbstätige würden ihr Pensum reduzieren, um für ihre Liebsten da zu sein. «Durch diese finanzielle Unterstützung können Lohneinbussen und Einbussen in der Altersvorsorge vorgebeugt werden.»
Betreuungsgutschriften
Hinzu kommen soziale Leistungen wie die sogenannten Betreuungsgutschriften. Das sind keine direkten Geldzahlungen, aber sie ermöglichen pflegenden Angehörigen, die fehlenden Beiträge an die AHV bis zu einem gewissen Grad auszugleichen und so eine höhere Rente zu erhalten.
Davon profitieren auch jüngere Betroffene, zum Beispiel Mütter von beeinträchtigten Kindern. «Unter dem Strich wird aber viel Geld gespart, weil ältere Menschen dank der Angehörigenpflege länger zu Hause bleiben können», erklärt Reto Schegg.
Ein weiteres Argument für die Entlastung der Spitex: Viele Pflegebedürftige brauchen nur unregelmässig Hilfe, zum Beispiel beim Gang zur Toilette. «Diese Leistungen können Spitex-Organisationen organisatorisch kaum abdecken, da sie nicht planbar sind. Die häufigste Alternative ist dann ein Heimeintritt», erklärt der Carela-Vertreter. Für ihn ist deshalb klar: «Der Markt für pflegende Angehörige und die entsprechenden Spitex-Organisationen wird massiv wachsen und die Kosten im Gesundheitswesen entlasten.»
Hilfen per Mausklick
Zam-care bietet ebenfalls bereits seit 2023 Alltagshilfen per Mausklick an: Die Zielgruppen sind neben älteren oder kranken Personen, die Unterstützung benötigen, auch Familien und Menschen mit einer Behinderung.
Die Helferinnen und Helfer von Zam-care – Studierende aus Fachrichtungen wie Medizin, Psychologie oder Pflege – hüten Kinder, machen Ausflüge mit Menschen mit Behinderung oder entlasten Angehörige von hilfsbedürftigen Menschen. Sie zu buchen ist laut Mitteilung so unkompliziert wie Pizza bestellen und muss nicht früher als einen Tag im Voraus erfolgen. Die Firma will sich und den Betroffenen mit digitalen Tools das Leben erleichtern.
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